Vorbereitungen auf Ein Jahr ohne Zucker – „Ich habe Angst“

Ich liebe Zucker. Ich liebe, liebe, liiiiebe Zucker. Eine heiße Schokolade, wenn mir von innen kalt ist oder noch besser, frisch aufgekochter Schokopudding, der nach einem Tag voller bäh, müde und ich kann nicht mehr, für einen Augenblick alles wieder gut macht. Der erste Biss in eine Zimtschnecke, die nach warmer Decke und Zuhause schmeckt. Zucker nimmt mich in den Arm. Zucker gibt mir Energiekicks. Zucker hilft mir kreativ zu sein. Zucker macht mich glücklich. Zucker tröstet mich. Zucker stellt keine Fragen. Zucker ist einfach da.

Ja, Zucker ist einfach da. Zucker ist überall. Wo ich bin, ist auch Zucker. Auch wo ich nicht bin. Ich kann nirgends hingehen, wo es Nahrung gibt, ohne, dass Zucker schon auf mich wartet.

„Zucker gibt mir Energie, haut schnell ab und lässt mich kraftlos hängen“

Ich fürchte, ich muss meine Beziehung zu Zucker überdenken. Zucker kann prima ohne mich, aber ich nicht ohne ihn. Und Zucker tut mir nicht gut. Ja, er gibt mir Energie, haut dann aber ganz schnell ab und lässt mich kraftlos hängen. Zucker hilft mir kreativ zu sein, nur um mich später daran zu hindern einen klaren Gedanken fassen zu können. Zucker macht mich glücklich. Und dann zieht er mich runter. Und er hält mich unten. So werde ich immer wieder zu ihm zurückkehren.

Einige mögen meinen Vergleich recht dramatisch finden. Die Wahrheit ist, für mich fühlt es sich dramatisch an. Ich hab zunehmend das Gefühl, dass Zucker mir schadet und dennoch komme ich nicht los davon. Einfach zu reduzieren, schaffe ich nicht. Vor bald fünf Jahren habe ich meine ersten zuckerfrei Versuche gemacht. Nach jedem Anlauf wurde meine Sucht heftiger.

Tatsächlich habe ich vor einigen Monaten eine Liste mit meinen ganzen Wehwehchen gemacht und zu fast jeder Sache Studien gefunden, die zeigen, dass Zucker damit zu tun haben könnte, wenn es mir schlecht geht.

Ich will nicht mehr. Deshalb habe ich mich seit einigen Monaten auf einen Zuckerentzug eingestimmt.

„Gehirnwäsche endlich geglückt“

Ich habe Artikel gelesen, Talks geschaut, Podcast gehört, Instagram durchforstet, Dokus gesehen. Irgendwann war die selbst herbeigeführte Gehirnwäsche endlich geglückt und ich konnte den Entschluss fassen, Zucker aus meinem Leben zu streichen. Für ein Jahr. Dann sehen wir weiter.

Natürlich nicht jeglichen, dann würde mein Gehirn streiken und ich elendig verenden, schließlich ist Glukose der Sprit für unser Gehirn. Um diesen Zucker zu bekommen, muss ich tatsächlich nicht gezielt Zucker essen. Obst, Gemüse, Brot und Co bekommen das auch ohne Hilfe hin. Aber das Zuviel an Zucker, dass uns überall umgibt, von dem werde ich mich jetzt verabschieden.

Ach, vielleicht sollte ich noch betonen, dass ich nicht nie wieder Zucker essen will. Wie schon erwähnt, ich liebe Zucker. Das Knacken einer Crème Brûlée Kruste, eine duftend … ich schweife ab.

Ich hätte das schon gerne in meinem Leben. Nur eben ohne Abhängigkeit. Ohne die fiesen Nebenwirkungen. Nur ab und zu.

Ein Blech Cookies backen und nicht 12 von 16 selbst essen und den Rest (nämlich 4) aus Alibigründen verschenken, sondern, nur einen essen, den Geschmack genießen und gut ist. Das ist momentan einfach nicht drin. Schaffe ich nicht. Aber vielleicht bekomme ich es nach einem Jahr hin, ab und zu, alle paar Wochen etwas Süßes zu zelebrieren.

„Tschüss, meine Liebsten, ihr werdet mir fehlen“

Ich komme mir ein wenig vor, als ginge ich für ein Jahr auf eine Reise, an einen weit, weit entfernten, gänzlich fremden Ort. Und obwohl ich mich auf das Abenteuer freue, bin ich traurig, meine Freunde zurückzulassen.

In den letzten Wochen vor dem Jahreswechsel gab es also viele bewusste letzte Male für mich. Die meisten habe ich sogar mit Fotos als Erinnerung festgehalten.

Mein letzter Schokoladentrüffel, mein letztes Schokocroissant, mein letztes Tiramisu, mein letzter Schaumkuss, meine letzte Mousse au Chocolat. Tschüss, meine Liebsten, ihr werdet mir fehlen.

Und auch meine letzte Pizza, mein letzter Flammkuchen, mein letztes Baguette, mein letzter Teller dampfender Weißmehlnudeln.

Ja, auf Weißmehl werde ich zumindest die erste Zeit auch verzichten. Denn Weißmehl macht Heißhunger auf Zucker. Ach und Stärke (weil: Stärke = Zucker in kompliziert) gehe ich auch aus dem Weg, zumindest wo sie nicht natürlich Wegachsen ist. Kartoffeln ab und an, werden in ein paar Wochen für mich schon ok sein.

„Wenn ich später kotzen muss, dann ist es eben so“

Ein Freund bekam mit, dass ich kurz vor der Nahrungsumstellung ausgedehnt in meiner Zuckerliebe bade und scheinbar, ach nein, nicht nur scheinbar, sondern ganz definitiv der Völlerei erliege. Er meinte, es sei total bescheuert, weil ich dann so viel Zucker im System hätte, dass es ein noch größerer Schock für meinen Körper wäre, wenn ich plötzlich Cold Turkey gehe und keinen Zucker mehr esse, als es ohnehin schon wird.

Ganz ehrlich: Mir egal. Ja, ich klinge wie ein Fünfjährige, die die Zuckerwatte unbedingt vor dem lustig drehenden Fahrgeschäft essen muss. Wenn ich später kotzen muss, dann ist es eben so. Anders als die Fünfjährige, weiß ich was ich tue, und kann intern Verantwortung dafür übernehmen. Mir hilft das.

Woche 0 von 52: „Vorbereitung ist alles“

Während der Weihnachtsfeiertage, mit gefüllten Lebkuchenherzen im Mund, suche ich online und in Büchern Tipps, wie ich die Umstellung am besten schaffe.

Das Wichtigste für mich ist, zu definieren, was zuckerfrei für mich bedeutet. Zu wissen, was ich noch essen will und welchen Lebensmitteln aus dem Weg gehe.

Meine selbstauferlegten „Regeln“ sehen vor, dass ich in den ersten Wochen recht radikal auf alles Süße, Kohlehydrat- und stärkehaltige verzichte. Danach will ich mich langsam an natürlich gewachsene Süße herantasten (Bananen, Datteln & Co.) und dann nach einigen Monaten sehen, ob ich mit Zuckeralternativen arbeiten will oder es besser lasse. Aber das ist noch ferne Zukunftsmusik.

Ich hole mir in Foren Ratschläge, suche inspirierende Insta Accounts zum Folgen und schreibe eine Einkaufsliste, damit ich in den ersten Tagen auch sicher alles da habe, um Heißhungerattacken und schlechter Laune vorzubeugen. Vorbereitung ist alles.

Und weil ich schon im Supermarkt bin und noch ein paar Stunden in meinem Leben mit Zucker verbleiben, kaufe ich zum Berg an Gemüse, Käse und Nüssen auch einen Berg Süßigkeiten, die bis Mitternacht am 31.12.2019 aufgefuttert sein müssen. (Hat übrigens geklappt.)

Schreibe einen Kommentar